Thursday, April 24, 2014

News: Streit über kalte Progression: Kanzlerin stoppt Koalitions-Genörgel



Berlin - Im Ziel sind sie sich einig: Die kalte Progression wollen Union und SPD so schnell wie möglich abbauen. Es soll endlich damit Schluss damit sein, dass Lohnsteigerungen durch höhere Steuersätze automatisch aufgefressen werden. Aber beim Weg dahin ist es zwischen Schwarzen und Roten vorbei mit dem Konsens: Hauptsache weg damit, sagen viele Christdemokraten und Christsoziale - die SPD besteht auf einer Gegenfinanzierung.

Der Konflikt schwelt seit der Regierungsbildung, nun ist er neu entfacht - und das liegt kurioserweise daran, dass so viel Geld da ist wie lange nicht. Bund und Länder haben dank der starken Konjunktur im März um 7,2 Prozent höhere Einnahmen verbucht als im Vorjahresmonat: 55,36 Milliarden Euro. Mit Blick auf das erste Quartal stiegen die Einnahmen um immerhin 3,7 Prozent.

Für die Unions-Kämpfer gegen die kalte Progression bedeutet das: jetzt oder nie. "Wenn es ernst gemeint ist, dass Leistung sich lohnen muss, dann muss sie weg", sagt CSU-Mann Peter Ramsauer, einst Bundesverkehrsminister und nun Chef des Wirtschaftsausschusses im Bundestag. CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle stellt klar: "Wir wollen keine Umverteilung, sondern eine echte Entlastung."

Union hat Steuererhöhungen immer ausgeschlossen

Die Sorge in der Union: Wenn man sich auf die Gegenfinanzierungs-Forderungen aus der SPD einlässt, rückt man in die Nähe von Steuererhöhungen. Und die hatte man im Wahlkampf explizit und im Koalitionsvertrag mehr oder wenig klar ausgeschlossen.

Ganz anders liegt die Sache bei den Sozialdemokraten: Im Wahlkampf wollte man gleich mehrere Steuern erhöhen, entsprechend gering sind nun die Hemmungen, über Gegenrechnungen für den Abbau der kalten Progression nachzudenken. Zudem pochen die SPD-Haushälter darauf, dass die aktuellen Mehreinnahmen einzig und allein zur Konsolidierung der Staatsfinanzen verwendet werden sollen. "Sollten CDU und CSU nun doch dazu gesprächsbereit sein, wären wir die Letzten, die sich gegen eine Entlastung der mittleren Einkommensklassen aussprächen", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi SPIEGEL ONLINE.

Es ist eine ziemlich verfahrene Angelegenheit, der Zwist könnte noch lange weitergehen. Aber nun hat die Kanzlerin der Sache fürs Erste ein Ende gesetzt: Angela Merkels Sprecher erklärte klipp und klar, dass sich in Sachen kalte Progression zunächst gar nichts ändern wird. "Für 2014 und 2015 gibt es keinen Spielraum, sich dieses Themas anzunehmen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Er verwies lediglich darauf, dass Ende des Jahres ein Bericht zu den Folgen der kalten Progression vorgelegt werde.

Merkel und Gabriel wollen keinen weiteren Streit

Merkel und ihr Vizekanzler Sigmar Gabriel wollen offenbar vermeiden, dass sich der Streit zwischen ihren Truppen fortsetzt. Erstmal sollen die Projekte umgesetzt werden, die man gemeinsam angeschoben hat.

Und von wegen sprudelnde Steuereinnahmen - auch das sieht die Bundesregierung anders: Ein Sprecher des Finanzministeriums betonte am Mittwoch, aus den Zahlen des ersten Quartals könne man nicht auf das Gesamtjahr schließen. Böse Zungen könnten der Regierung vorwerfen, sie rechne sich arm - aber vielleicht kommt auch nur mal wieder die sparsame Hausfrau in der Kanzlerin durch. Jedenfalls machte Regierungssprecher Seibert klar, dass die Haushaltskonsolidierung weiter Priorität habe und es keine Steuererhöhungen geben werde.

Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber rief am Mittwoch, wohl ganz im Sinne seiner Parteivorsitzenden, die schwarz-roten Kontrahenten zur Räson. "Unser wichtigstes Ziel bleibt es, einen Haushalt ohne neue Schulden zu schaffen", sagte Tauber SPIEGEL ONLINE. "Die Koalition hat sich - ob Breitbandausbau oder Mütterrente - auf ehrgeizige Projekte verständigt, die wir nun erstmal umsetzen müssen." Darauf sollte sich die Koalition konzentrieren, "bevor wir über andere Vorschläge sprechen".

Aber eine spezielle Ohrfeige Richtung SPD konnte sich der CDU-Generalsekretär dann doch nicht verkneifen. Es gebe keinen Grund, sagt Tauber, "über neue Sonderabgaben zu schwadronieren". Damit war Torsten Albig gemeint, der sozialdemokratische Ministerpräsident von Schleswig-Holstein: Albig macht sich seit Tagen für eine Autofahrer-Abgabe stark, um mehr Geld für den Erhalt des deutschen Straßennetzes einsetzen zu können. Zusatz-Belastungen für die Bürger, so die klare Botschaft Taubers, wird es mit der Union nicht geben.







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